Andacht Februar / März

Orgelklang – an jedem Sonntag

Stellen Sie sich vor, Sie kommen am Sonntag in die Arenshorster St. Johanniskirche, setzen sich mit Ihrem Gesangbuch in der Hand in Ihre Bank, blicken erwartungsvoll nach vorne: und der Platz oben über dem Altar bleibt leer. Alle paar Jahre passiert das mal, dass der Organist nicht rechtzeitig kommt oder gar nicht, etwa weil er im Stau auf dem Weg zu uns steckenblieb. Dass die Orgel uns begrüßt und unseren Gesang begleitet, erwarten wir einfach. Nach dem Abschied von Willi Zeuner, der fast zehn Jahre lang diese Erwartung gut und mit Freude erfüllte, ist es nicht leicht, einen Organistenplan mit Namen zu füllen. Da kann es auch mal sein, dass ich ihnen zur Begrüßung sagen muß: Heute müssen wir ohne Orgelbegleitung singen! Und das geht dann auch, bei so vielen sicheren Sängerinnen und Sängern in Arenshorst!

Die Orgel wird auch „die Königin der Instrumente“ genannt. In der Römerzeit wurde sie nur zu weltlichen Anlässen gespielt. Heute bringt man sie eher mit Kirchen und dem Einsatz in einem Gottesdienst in Verbindung. Ein paar Orgeln in Konzertsälen gibt es auch. Die Barockzeit und die Romantik waren ihre große Zeit in der geistlichen Musik. Die Orgel vollbringt das Kunstwerk, mit einem Instrument den Klang ganz vieler Instrumente nachahmen zu können. Wenn sie auf die Namen der Register schauen und auf ihren Ton hören, werden Sie das merken. Das Register „Rohrflöte“ zum Beispiel klingt auch so.

In unserer Dorfkirche dient die Orgel vor allem der Begleitung unseres Gesanges. Singen wir kräftig, kann der Organist alle Register ziehen, um dann aber auch bei kleiner Zahl zarter registriert unsere Stimmen zu führen. Dass wir auch eine Konzertkirche sind, beweist die jahrzehntelange Tradition der „Arenshorster Konzerte“. In jedem Jahr war da bisher auch ein Orgelkonzert dabei. Wer zum Konzert kommt, erwartet dann den Orgelklang.

Es gibt aber auch Menschen, die lieber andere Instrumente in der Kirche erleben würden. Die freuen sich vielleicht, wenn ich für ein Lied zur Gitarre greife und ein zweiter zur Sitztrommel Cajon. Die Orgel hat es nicht leicht, modern zu wirken. Weil sie nicht zu den typischen Instrumenten der Popmusik gehört. Freikirchen arbeiten ganz ohne Orgeln. Unser Posaunenchor kann da viel leichter den Bogen zur Moderne schlagen.

Der Kirchenvater Augustinus hat einmal gesagt: „Qui cantat, bis orat.“ Wer singt, betet zweifach. Wenn wir als Christen zusammenkommen und singen, mit Schwung und laut, dass wir die auch mitreißen, die sich gerne an eine sichere Stimme anhängen. Dabei helfen uns die Orgel und der Posaunenchor sehr, indem beide in der Intonation des Gemeindeliedes die Tonart und den Melodiebogen schon einmal zu Gehör bringen, die Töne geben und uns dann im Tempo führen. Wenn dann in mir und links und rechts von mir und auch hinter mir auch ein klarer Klang entsteht, bin ich dem Himmel sehr nahe. Wer singt, betet zweifach. Es gibt für mich keine schönere Gemeinschaft, als die eines kräftigen, vielstimmigen Gesangs. Und ich bin froh, nach meiner Erkrankung wieder ganz bei Stimme zu sein, auch im Gospelchor. Singen mit vielen ist schön und manchmal auch erhebend! Ob es ein„You‘ll never walk alone“ an der Anfield Road in Liverpool ist, oder ein „Laudato si“ zu später Stunde einer Konfirmationsfeier im Partyraum fast gegrölt (Das habe ich erlebt!), oder das „Komm Herr segne uns“ mit Tausenden beim Kirchentag. Das waren und sind für mich Gänsehautmomente! Warum nicht auch in der Kirche mit vielen so singen!
 

Andreas Pöhlmann