„Mutig sein“
Das ist der deutschsprachige Titel des Buches von Mariann Edgar Budde, das jetzt in die Buchhandlungen kam. Frau Dr. Budde ist Bischöfin der Episcopalen Kirche in Washington DC und an der dortigen Kathedrale auch als Predigerin tätig. Ihre Beitrage beim Evangelischen Kirchentag in Hannover in diesem Jahr fanden eine hohe Aufmerksamkeit. Den Themenabend mit ihr am Samstag habe ich per Video begeistert verfolgt. Sie sprach in einem klaren Englisch. Den Mund nahm sie nicht zu voll. Aber ihre Augen leuchteten, wenn sie über den Mut sprach, denn sie bewies, als sie am 21. Januar diesen Jahres im Gottesdienst zum Amtsantritt von Präsident Donald Trump vor der neuen politischen Führung der USA sprach. Sie selbst nennt in ihrem Buch den Anlass „Bittgottesdienst für die Nation“. Mit dem Wortlaut der Predigt beginnt ihr Buch. Sie verteidigt darin die Werte Achtung der Würde des anderen, Ehrlichkeit und Demut. Und damit der neue Präsident versteht, dass sie auch ihn direkt damit meint, spricht sie ihn am Ende an: „Lassen Sie mich, Herr Präsident, eine letzte Bitte formulieren.“ Und sie bittet für die vielen, denen die angekündigten Maßnahmen jetzt Angst machen. Sie verwendet das alttestamentarische Wort „Erbarmen“. Sie bittet ihn um Mitgefühl für alle, die jetzt in Angst sind.
Welche Wirkung haben diese Worte, außer dem vernichtenden Spott des Angesprochenen danach? Das weiß man nie. Aber ist es deshalb falsch, sie zu sagen? In ihrem Buch spricht sie sehr aufrichtig über ihre eigene Lebensgeschichte. Über die Wunden, die ihr das Leben schlug. Auch über ihr sicheres Gefühl, zur Leitung ihrer Kirche berufen sein – und über schmerzliche Niederlagen auf diesem Weg. Auch über die Probleme ihrer Kirche und ihrer Gemeinden, diese zukunftsfähig zu machen. Über Zeiten, die nach Veränderung verlangen; und welche, in denen geduldiges Warten nötig ist. Sie schreibt immer auch mit der Bibel in der Hand.
"Mutig sein“ ein für mich zutiefst geistliches Buch, dass ich zum Selbstlesen empfehlen kann!
Im letzten Drittel ihres Buches erzählt sie die Geschichte von Jakob aus 1.Mose 32. Für mich bündelt diese biblische Geschichte und ihre Auslegung das, was sie meint: Jakob ist kein Held, er ist ein Betrüger. Er nimmt seinem Bruder Esau das Recht, das ihm eigentlich zusteht: den Segen ihres gemeinsamen Vaters. Da beide Zwillinge sind, an einem Tag geboren, beruht der Vorzug des Erstgeborenen für Esau nur auf wenigen Minuten Vorsprung vor Jakob. So knapp wie der Sieger bei der „Tour de France“ kommt Esau vor seinem Bruder bei der Geburt ans Ziel. Jakob flieht vor dem verzweifelten Zorn seines Bruder darüber, nun alles verloren zu haben. In der Fremde gründet er eine Familie. Und meidet den Kontakt zu Esau. Auch aus seinem neuen Zuhause flieht er und kehrt in seine Heimat zurück.. Eines Tages hört er, dass Esau mit 400 Männern in seiner Nähe ist. Über eine Fuhrt bringt er seine Familie in Sicherheit, um dann mit einem Fremden in der Nacht zu kämpfen. Dieser Kampf endet mit einem Unentschieden. Als Auszeichnung trägt er jetzt den Namen „Israel“ und erhält auf sein Drängen den Segen des anderen. So ist er jetzt ein „Zu Recht Gesegneter“. Der Fremde schlägt ihn aber auf die Hüfte, die einmal ausgerenkt ihn zeitlebens hinken lässt. Für einen Nomaden mit Viehbesitz ein echtes handycap auf dem Weg zur nächsten Weide! Und den Namen des Fremden erfährt er nicht – ganz wie im Märchen „Das Rumpelstielzchen“.
Mutig sollen wir sein! Das sagt mir das Beispiel von Mariann Edgar Budde und das des biblischen Jakob. Wir sollen Widerstände überwinden, aber auch Zumutungen aushalten. Manchmal braucht es einen klaren Schnitt, manchmal einfach nur Geduld.
Ihr Pastor Andreas Pöhlmann
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